Die Chronik 1945 – 1950

1945

 Über die Gründung der Sezession gibt es viele, zum Teil sehr widersprüchliche Berichte, eine gute und auch kritische übersicht des derzeitigen Forschungsstandes bietet die Dissertation von Barbara Clemens (1).

Durch Briefe und Postkarten ist belegt, dass nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs im Mai 1945 ein reger Gedankenaustausch zwischen Künstlern der Pfalz einsetzte. Diskutiert wurde ein Neuanfang und die Gründung einer Künstlergruppe, belegt sind z.B. Schreiben von Daniel Wohlgemuth an Rolf Müller-Landau vom 12.10.1945 und Rolf Müller-Landau an Theo Siegle vom 17.1.46 (2, 5).

Parallel zu diesem Gedankenaustausch verliefen die Vorbereitungen für die erste Kunstausstellung in der Pfalz nach Kriegsende. Ausstellungsort war im November 1945 das Rathaus in Neustadt / Weinstraße. Die französische Besatzungsmacht förderte und unterstützte diese Ausstellung, die durch Kontakte Siegles zu dem französischen Kommandanten Mariaux zustande gekommen war (3). Der Entwurf eines Schreibens an den Kommandanten vom 19.09.1945 liegt vor. Die Eröffnung fand am Sonntag, den 28.10.1945 in Anwesenheit deutscher und französischer Persönlichkeiten statt (4). Siegle verlegte die Eröffnung in seinem Artikel fälschlicherweise in das Frühjahr 1946 (5).

Folgende Künstler waren vertreten:

Franz Helmut Becker; Hermann Croissant; Otto Dill; Rolf Müller-Landau; Theo Siegle und Fritz Zolnhofer.
Diese Ausstellung und die Resonanz darauf gab sicher den endgültigen Ausschlag zur Gründung einer neuen Künstlergruppe. Rolf Müller-Landau zögerte damals, er wollte 1945 keinen künstlerischen Neuanfang dort, wo 1933 eine Zäsur eingetreten war; vielmehr ging es ihm um einen kompromisslosen Neubeginn des Kunstlebens und um dessen enge Anbindung an die westliche Kunst. Unsicher war er sich darüber, nach welchen Kriterien die neuen Mitglieder der Gruppe auszuwählen seien (6).
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(1) Clemens, Barbara, Rolf Müller-Landau. Dissertation Mainz 2008, 331 ff
(2) Weber, Wilhelm, Daniel Wohlgemuth, Leben und Werk. Verlag Pfälzer Kunst, 1988
(3) go, Heidelberger Tageblatt vom 12.1.1967
(4) Glässer, Die Rheinpfalz vom 3.11.1945
(5) Siegle, Theo, Die Pfälzische Sezession. Pfälzer Heimat 1957, 32-33
(6) Leisen, Adolf, Zeugnisse der Freundschaft. Künstlerbriefe von und an Rolf Müller-Landau. Speyer 2003

Edvard Frank, Titelblatt des Katalogs 1946
Rolf Müller-Landau, Hermine Müller, 1947, öl/Lw

1946

Im Mai 1946 konkretisierte sich die Idee der Gründung einer Künstlergruppe durch das Gespräch mit dem Kulturbeauftragten Prof. Glässer. Theo Siegle und Fritz Zolnhofer schlugen Walter Krannich als Geschäftsführer vor. Krannich sagte zu, ein Glücksfall, und von nun an war er die treibende Kraft zur Gründung der Pfälzischen Sezession. Durch ihn erhielt sie eine klare Ausrichtung und die Grundlage ihrer späteren Bedeutung. Die Satzung wurde am 22.6.1946 verabschiedet. Sie enthielt u.a. die Verpflichtung der Mitglieder, ihre Werke nur auf Ausstellungen der Pfälzischen Sezession zu zeigen. Dieser rigide Passus wurde bald unterlaufen und verschwand in späteren Fassungen. Die neue Gruppe musste durch Lizenz von den französischen Militärbehörden genehmigt werden. Diese wachte auch darüber, dass kein ehemaliges Mitglied der NSDAP zugelassen wurde, was bei einigen – nicht zugelassenen – Pfälzer Künstlern Verbitterung auslöste.

Das künstlerische Programm schrieb eine Abkehr vom Impressionismus vor. Die konsequente Befolgung dieser Forderung führte schließlich auch zur Trennung von Otto Dill (Gründungsmitglied!). Heute ist die Pfälzische Sezession für alle Stilrichtungen offen.
Ende November wurde die 1. Ausstellung der Pfälzischen Sezession in den eiskalten Räumen des Historischen Museums, Speyer aufgebaut. Seitens der Militärbehörden lag hierfür nur eine mündliche Genehmigung vor, auch die Gruppe selbst war noch nicht genehmigt, da eine Gründungsversammlung noch nicht stattgefunden hatte (1).

Am 23.11.1946 wurde dies nachgeholt und die Eröffnung – laut Katalog – für den 30.11.1946 geplant, allerdings fand sie erst am 3.12.1946 statt. Die Frontseite des Katalogs hatte Edvard Frank gestaltet (2).

Die Ausstellung war ein großer Erfolg (3). Sie blieb bis zum 31.12.1946 in Speyer und wurde danach von Kaiserslautern übernommen. Vertreten waren als ausstellende Mitglieder der Sezession: Otto Dill; Edvard Frank; Rolf Müller-Landau; Erich Schug; Theo Siegle; Will Sohl und Fritz Zolnhofer.

Als Gäste nahmen teil:
Hermann Geibel und Fritz Schwarzbeck. Erster Vorsitzender: Rolf Müller-Landau; Zweiter Vorsitzender: Theo Siegle; Geschäftsführer: Walter Krannich (4 – 9).

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(1) Krannich, Walter, Rundschreiben an die Mitglieder vom 8.11.1946
(2) Pfälzische Sezession, Katalog Speyer 1946
(3) Mühlhaupt, Berthold, Die Rheinpfalz vom 7.12.1946 Die Rheinpfalz vom 28.5.1947
(4) Diehl, Wolfgang, Hunger nach Geistigem. Kultur nach 1945, in: Gerhard Nestler-Hannes Ziegler (Hrsg.), Die Pfalz in der Nachkriegszeit. Kaiserslautern 2004,.331 ff.
(5) Metzger, Max, Werden und Wachsen. Pfälzische Sezession, Katalog Speyer 1955
(6) Roland, Berthold, Pfälzische Sezession, Katalog Ludwigshafen1966
(7) Weber, Wilhelm, 50 Jahre Pfälzische Sezession, Katalog Speyer 1995
(8) Weber, Ursula, Interview mit Dr. Carl A. Reichling. Pfälzische Sezession Katalog Jockgrim 2000
(9) Bähr, Gustav Adolf, Die frühen Jahre. Pfälzische Sezession Katalog Neustadt-Mussbach 2008

1947

Am 12.4.1947 wurde in der Mitgliederversammlung trotz Dills Einspruch das künstlerische Programm verabschiedet (1). Hans Purrmann erklärte sich bereit der Sezession beizutreten. Neu aufgenommen wurden ausserdem: Hermann Geibel; Hermann Sauter; Fritz Schwarzbeck und Gustav Seitz.

Im Mai wurde die Vorjahresausstellung in Kaiserslautern gezeigt, danach in Saarbrücken (2,3).

Am 6.9.1947 folgte die zweite Ausstellung der Pfälzischen Sezession im Historischen Museum, Speyer. Wieder lag ein Katalog vor, diesmal sogar mit Abbildungen (4 – 8).

1948

 In diesem Jahr stellte die Pfälzische Sezession vom 5.6. – 4.7.1948 wiederum im Historischen Museum, Speyer aus. Alle Mitglieder der Sezession nahmen daran teil, dazu eine große Zahl von Gästen: Curth Georg Becker; Werner Gilles; HAP Grieshaber; Hans Kindermann; Kurt Schwippert; Paul Strecker und Fritz Urschbach. Es erschien ein Katalog mit Abbildungen
(1 – 5).

Mitglieder der Pfälzischen Sezession beteiligten sich an der Ausstellung „Moderne deutsche Kunst“ in der Schweiz. Rolf Müller-Landau und Werner Gilles wurden zur Teilnahme an der Biennale 1948 in Venedig eingeladen.

Walter Krannich bemühte sich bei Fritz Volbach, Kultusministerium Rheinland-Pfalz um ein Darlehen in Höhe von DM 4000.- für den Kauf von Farben. Dieses Darlehen soll in Bildern zurückgezahlt werden (6).

Die Arbeitsgemeinschaft Pfälzer Künstler wurde gegründet, sie ist die Vertreterin aller Künstler in der Pfalz.
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(1) Pfälzische Sezession, Katalog Speyer 1948
(2) Schröder, Anneliese, Die Rheinpfalz vom 30.6.1948
(3) Reetz, Hans, Pfälzische Sezession. Die Rheinpfalz Juni 1948
(4) Die Rheinpfalz vom 2.6.1948
(5) Ertel, K. F., Die Rheinpfalz, Juni 1948
(6) Krannich, Walter, Schreiben vom 11.11.1948

Gustav Seitz: Schreitende mit Tuch, Katalog 1947
Will Sohl, Wasser unter Kiefernzweigen, 1959, Aquarell

Als Gäste waren eingeladen:
Gerth Biese und Hans Kuhn.
Die Ausstellung ging anschließend nach Baden-Baden weiter.
Der Organisator Krannich besorgte notwendiges Material : ölfarben, Pinsel, Leinwand, Aquarell-papier und Bilderrahmen (7).

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(1) Krannich, Walter, Protokoll der Mitgliederversammlung vom 12.4.1947
(2) Mühlhaupt, Berthold, Die Rheinpfalz vom 28.5.1947
(3) Schöffler, Heinz, Die Rheinpfalz vom 28.6.1947
(4) Pfälzische Sezession, Katalog Speyer 1947
(5) Ertel, K. F., Allgemeine Zeitung vom 8.10.1947
(6) Schöffler, Heinz, Rhein-Neckar-Zeitung vom 5.6.1947
(7) Schöffler, Heinz, Die Rheinpfalz vom 10.9.1947, Die Rheinpfalz vom 17.9.1947, Die Rheinpfalz vom 27.9.1947
(8) Krannich, Walter, Rundschreiben an die Mitglieder vom 10.9.1947

1949

 Die Mitgliederversammlung (MGV) der Sezession fand anlässlich der Ausstellungseröffnung am 11.6.1949 im Weinmuseum des Historischen Museums, Speyer statt. Als neue Mitglieder traten hinzu: Curth Georg Becker; Werner Gilles; Hans Kuhn; Kurt Lehmann; Rudolf Scharpf und Paul Strecker.
Die Sezession erhielt einen Regierungskredit von DM 4000.-, der in Kunstwerken zurückgezahlt werden soll.

Anlässlich des 70. Geburtstags von Hans Purrmann regte die MGV eine Ausstellung in Speyer an.
Die MGV beschloss zudem Prof. Dill nahezulegen, die Pfälzische Sezession zu verlassen. Sein „impressionistischer Stil“ passe nicht zum künstlerischen Programm der Sezession (1).
Walter Krannich hatte wieder Malerleinen und Malfarben organisiert, außerdem Wein für die Eröffnungsfeier.

Die Jahresausstellung 1949 im Historischen Museum, Speyer wurde am 11.6.1949 eröffnet. Sie lief bis zum 10.7.1949. Als Gäste stellten aus: Babs Engländer; Adolf Hartmann; Ida Kerkovius; Thomas Niederreuther und Emy Roeder (2, 4).

Den Katalog stiftete Dr. Franz Burda, Offenburg. Etwa 1800 Kunstinteressierte besuchten die Ausstellung, die anschließend auf der Süwega (Südwestdeutsche Gartenbau-Ausstellung) in Landau/Pfalz vom 24.7. – 24.8.1949 gezeigt wurde. Auch hier gab es einen Katalog (3).

Kurt Lehmann nahm den großen Kunstpreis der Stadt Köln entgegen.
Im November 1949 wurde die „Neue Pfälzische Gruppe“ gegründet, deren Programm die „dominierende Verbindlichkeit des Naturvorbilds“ ablehnte. Die Sezessionsmitglieder Edvard Frank, Rolf Müller-Landau, Rudolf Scharpf und Fritz Zolnhofer traten dieser Gruppe bei.
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(1) Krannich, Walter, Rundschreiben vom 19.8.1949
(2) Pfälzische Sezession, Katalog Speyer 1949
(3) Katalog Süwega, Landau 1949
(4) Reetz, Hans, Pfälzische Sezession. Die Rheinpfalz Juni 1949, Die Rheinpfalz vom 25.6.1949

1950

 Die Jahresausstellung 1950 im Historischen Museum, Speyer lief vom 29.7. – 27.8.1950. Der Pfälzischen Sezession traten als Mitglieder bei:HAP Grieshaber; Hans Mettel und Emy Roeder.

Als Gäste stellten aus: Eduard Bargheer; Hubert Berke; Gottfried Diehl; Hans Wimmer.

Aus finanziellen Gründen gab es in diesem Jahr statt des bebilderten Katalogs nur ein Faltblatt (1 – 4). Ein Protokoll der Mitgliederversammlung liegt nicht vor.

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(1) Pfälzische Sezession, Faltblatt Speyer 1950
(2) Reetz, Hans, Die Rheinpfalz vom 31.7.1950
(3) tz, Pfälzer Abendzeitung vom 3.8.1950
(4) v. Holst, Niels, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 8.8.1950

(Verfasser Peter Siegle. Juli 2011)

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